Baby-led weaning (kurz BLW) oder auf Deutsch einfach „Breifrei“ ist eine Form der Beikosteinführung, bei der das Baby nicht mit Brei gefüttert wird, sondern selbst mit Händen und Mund Essen erkunden und essen darf.
Im Beikostalter sollten die motorischen Fähigkeiten bereits soweit ausgeprägt sein, dass das Baby unter anderem ein Stück Möhre oder Nudel in der Hand halten kann. Es darf natürlich nicht zu klein sein, damit das Baby es auch gut mit den kleinen Händen packen kann. Und ganz besonders wichtig: Dein Kind wird dir signalisieren wenn es soweit ist: Guckt aufs Essen, macht deine Kaubewegungen nach, greift nach dem Essen, steckt es sich selber in den Mund!
Vorteile von Breifrei
Der Gedanke nicht (nur) mit Brei zu füttern mag am Anfang erst einmal ein wenig befremdlich klingen, bringt aber so einige Vorteile für alle.
- Es muss nicht extra für das Baby gekocht werden, sondern das Baby gewöhnt sich direkt an das Essen, welches auf den Tisch kommt. (Bitte nicht mit Salz würzen. Salz kann die Babyniere überfordern, daher das Essen lieber später jeder für sich salzen)
- Es geht hier vor allem um das Entdecken des Essens mit allen Sinnen und um ein gutes Verhältnis dazu.
- Das Kind wird weiter (hauptsächlich) gestillt und wird somit auch auf jedenfall satt und bekommt seine Nährstoffe.
- Essen ist nicht mehr so langweilig und es fällt dem Baby weniger schwer am Tisch zu sitzen, schließlich hat es nun etwas Aktives zu tun.
- Zu Beginn lutscht das Kind natürlich nur am Essen und knabbert ein wenig daran, um Geschmack und Konsistenz der Nahrung zu erforschen, später wird es dann im Mund zermatscht etc..
- Es ist ein sehr respektvoller Umgang mit dem Kind. Sätze wie „Komm mach den Mund auf“ haben hier keinen Platz. Kinder wissen schon, wann sie worauf Hunger haben (bitte auf eine möglichst gesunde Auswahl achten).
Breifrei – Wie fange ich an und was sollte ich wissen?
Biete deinem Baby z. B. weich gekochtes Gemüse wie Karottensticks oder Kartoffel in handlichen Schnitzen an. Achte darauf, dass es nicht zu weich gekocht ist, damit es nicht direkt zerfällt und dein Kind sich dran verschluckt. Es sollte aber dennoch weich genug sein, damit das Kind es gut zerlutschen / zerquetschen kann. Es sollte groß genug sein, so dass das Baby daran lutschen oder knabbern kann, wenn es das Essen mit seiner Mini-Faust festhält.
- Beim Essen das Kind, im Falle eines eventuellen Verschluckens, bitte nicht alleine lassen. NIEMALS!!!
- Der Zungenreflex sollte schon möglichst verschwunden sein.
- Gute Kopfkontrolle.
- Dein Kind kann mit ein wenig Unterstützung von dir aufrecht „sitzen“. (Im Maxi Cosi liegen gilt nicht als aufrecht!)
- Dein Kind beherrscht schon einigermaßen den Pinzettengriff (kann mit Dauemen und Zeigefinger etwas greifen).
- Biete direkt zu Beginn eine Vielfalt an und experimentiere, was dein Baby mag und was nicht. Ruhig immer wieder anbieten, denn Geschmack / Laune / Motivation kann sich immer wieder ändern.
- Es kann schon echt schmutzig hergehen, wenn das Baby isst. Also nicht erwarten, dass alles blitzeblank bleibt! Zuerst wird dein Kind die Konsistenz des Essens mit seinen Händchen erkunden und dabei oft alles komplett zermatschen und zerlutschen. Irgendwann wird es das Essen dann in den Mund stecken und dort weiter erkunden, um dann die ersten Stücke vielleicht wieder auszuspucken. Das ist ok! Alles fällt gefühlt 10000 Mal hin oder wird weggeworfen. So lernt dein Baby direkt auch die Schwerkraft kennen.
- Stecke deinem Baby nichts in den Mund, um es so zum Essen zu animieren. Beim Selbstständig-essen-lernen bestimmt nur dein Kind, wann was in den Mund kommt!
- Beim BLW bleibt Milch lange Zeit die Haupt-Energiequelle – die feste Kost wird eher nur als Ergänzung gesehen. Also erst BLW, dann Stillen, um sicher zu gehen, dass dein Kind satt wird.
- Vertraue deinem Kind und sei ein aufmerksamer geduldiger Begleiter.
So essen wir
Ab der ca. 22. Woche hat meine Tochter beim Grillen mit der Familie so unvorstellbar gierig auf den Esstisch geschielt, dass ich ihr erst eine Nudel, dann ein Stück Baguettebrot angeboten habe. Sie konnte es noch nicht essen, war aber völlig fasziniert von der Konsistenz und hat ihren Endeckergeist befriedigt und beides genüßlich totgelutscht. Gurke, Möhre, Brokolli, Blumenkohl, getrocknete Mango und getrocknete Apfelstücke, Brot / Brötchen, getrocknete Dattel, Feige, Weintrauben (Vorsicht), Kochbanane, Kartoffen, Feige, Orange, Apfel, Kaiserbohnen uvm. All das hat sie mittlerweile schon leidenschaftlich angenuckelt und / oder gegessen. Getrocknete Mango ist ihr Favorit. 😅 Muttermilch ist selbstverständlich – mit 8 Monaten – weiterhin ihre Hauptnahrungsquelle.
Wir kombinieren BLW sehr selten (wenn ich länger ohne meine Tochter unterwegs bin) auch mit Brei und natürlich gibt’s immer Muttermilch, da ich der Auffassung bin, dass beide Methoden (BLW und Brei) Vor – und Nachteile haben. Ich möchte die Vorteile aus beidem ziehen und meine Tochter liebt Brei fast genauso sehr wie festes Essen. Nur beim festen Essen sitzt sie geduldig und länger auf meinem Schoß, was ich am Esstisch einfach als sehr angenehm empfinde.
Breifrei – die wichtigsten Punkte zusammen gefasst
- Der Würgereflex ist bei Babies sehr sehr empfindlich und schützt so das Kind vor dem Ersticken.
- Aufrecht sitzen.
- Besteck wird nicht benutzt. Das Baby benutzt nur seine eigenen Hände.
- Das Kind nicht alleine lassen beim Essen.
- Dem Kind nichts in den Mund stecken oder in die Hand drücken. Das Kind darf selber greifen und das Essen zum Mund führen.
- In einer ruhigen Umgebung anfangen (kein Fernsehen, keine lauten Gäste, etc.)
- Stücke groß genug schneiden, damit Baby diese gut greifen und abbeißen kann.
- Muttermilch bleibt lange die Hauptmahzeit (erst BLW, dann Stillen).
Ich liebe es mit meiner Tochter am Tisch zu sitzen. Sie sitzt auf meinem Schoß und isst oder zerlutscht ihr Brot oder Obst, wärend ich mein Essen esse. Es ist ruhig, entspannt, dreckig, aber so stressfrei wie essen eben sein sollte!
Abschließende Gedanken zum Babybrei
Was mich an Brei ärgert ist, dass ich die Altersangaben auf den Gläschen am Anfang der Beikosteinführung gemein und irreführend finde. Später ist es sicher sinvoller und hilfreicher. Aber am Anfang finde ich es wenig hilfreich und schon gar kein Muss. Ich bezweifele sehr, dass fremde Menschen wissen, wann mein Baby bereit ist für Essen. Ich habe von Anfang an nur Wert auf die Anzeichen meiner Tochter gelegt (aufs Essen schauen, danach greifen, sich in den Mund stecken). Niemand weiß besser, wann der richtige Zeitpunkt fürs Essen ist als die Kinder selbst. Natürlich ist es auch wichtig die anderen Zeichen (je nach Alter des Kindes) – die Abwehrzeichen – zu beachten, wie z. B. Ausspucken, Mund fest zusammenkneifen, Gesicht verziehen, Stirn in Falten, Kopf wegdrehen, Abwehrhaltungen mit den Händen, sich im Extremfall übergeben usw.. Da funktioniert unserer Erfahrung nach BLW einfach besser und deswegen gibt es bei uns eben nur selten Brei. Essen ist etwas großartiges und das möchte ich meiner Tochter auch ohne viel Drama und Hick-Hack so vermitteln. Ob’s klappt wird sich dann ja noch zeigen. Die Erfahrungen bis jetzt sind einfach nur toll!
Mehr Ergänzungen, Infos und wichtige Tipps zu dem Thema findest du unter anderem hier: babyled-weaning.de
Dieser Blogpost ersetzt weder einen Arztbesuch, professionellen Rat noch stellt er eine Behandlungsempfehlung dar. Es geht hier ausschließlich um meine Erfahrungen mit meiner Tochter und meinen Recherchen. Am besten ist es immer, sein eigenes Kind möglichst gut kennenzulernen und sich direkt mit Profis (Stilliberaterinen, Hebammen, Ärzten) auszutauschen.
Guten Appetit und viel Spaß!